SIEGFRIED DER DRACHENTÖTER

(Der kleine Nibelungen-Ring)

Workshop nach dem Werk von Richard Wagner  (6-14 Jahre)

Der Drachen greift den Herausforder Siegfried an

Kann man 3 Opern in rund 70 Minuten spielen? Noch dazu mit Kindern oder Jugendlichen?

Man kann!

In diesem Workshop wollen wir uns an etwas wagen, das einem bei der Auswahl von Stoffen für das Kinder- und Jugendlichen-Theater nicht spontan und an prominenter Stelle in den Sinn kommt - an die ersten 3 Opern der Ring-Tetralogie Richard Wagners. Seine Musik gilt gemeinhin als zu schwer, die Inhalte seiner Opern werden vielfach als zu kompliziert empfunden - alles Vorurteile, die seit rund eineinhalb Jahrhunderten in unseren Köpfen schwirren, die von Generation zu Generation weiter vererbt werden, ohne je kritisch hinterfragt worden zu sein. Natürlich ist keinem Schüler der gesamte "Ring des Nibelungen" mit einer Gesamtlänge von über 16 Stunden zuzumuten - aber deshalb ganz darauf verzichten zu wollen, hieße das Kind mit dem Bade auszugießen.

Gerade in unserer von vielen als zu "cool" und unromantisch empfundenenen Zeit der Gobalisierung und Medienkontrolle wird die Sehnsucht nach Reservaten des Mythischen und Geheimnisvollen, nach den "Wundern" einer Märchenwelt, immer stärker. Wie sonst wäre der überdimmensionale Erfolg der Harry Potter - Romane anders zu erklären? Und auch Wagners Ring  ist in seinem innersten Wesen ein solches Märchen! Ein Märchen von Göttern, Riesen, Zwergen, von wagemutigen Helden oder verzauberten "Prinzessinnen", das den wohl prominentesten Kampf der deutschen Mythologie zeigt: den Kampf Siegfrieds mit dem Drachen!

Und auf diesen Märchengehalt wollen wir bei unserem Workshop das eigentliche Hauptaugenmerk legen. Die Protagonisten schlüpfen in die Rollen Wotans und seiner Götterschar, können als Zwerge in einem "Schmiedeorchester" das mühevolle Bearbeiten des Gesteins in den Tiefen der Erde zum Klingen erbringen, als Riesen, Drachen oder Helden wie Siegfried gefahrvolle Kämpfe bestehen oder ganz einfach Naturelemente wie Wasser, Feuerflammen oder Regenbogen sein. Ein Überraschungsgast wird gemeinsam mit den Kindern den berühmten Brautchor aus Lohengrin singen: "Treulich geführt ziehet dahin" - denn im Ring selbst gibt es keinen Chor und alles andere ist wohl zu schwierig! - Ein erfahrenes Sängerpaar, das selbst die eine oder andere Rolle übernimmt (Siegmund, Sieglinde, Mime) geleitet unsere kleinen oder schon etwas größeren Workshop-Teilnehmer durch drei Generationen bis zum - vorläufigen - Happy End: Den letzten Teil der Tetralogie, die Götterdämmerung, haben wir auf Grund ihr düsteren Tragik ausgeklammert. 

Die Musik, die wir behutsam einfließen lassen, soll nicht erdrücken, sondern vielmehr die Aktionen unterstreichen und beleben. Natürlich dürfen einige der Highlights nicht fehlen: das berühmte Vorspiel, der "Rheingold"-Gesang der Rheintöchter, der Walkürenritt, Siegmunds "Winterstürme wichen dem Wonnemond" und Sieglindes "Du bist der Lenz", der Feuerzauber, das Schmiedelied Siegfrieds, das Waldweben oder der Schlussgesang Siegfrieds und Brünnhildes.

Die Riesen verlangen von Wotan den vereinbarten Lohn

Die Grundzüge der Handlung

1. Das Rheingold

Alberich, der König des Zwergenvolks der Nibelungen, raubt den Rheintöchtern einen sagenhaften Schatz, das Rheingold. Aus diesem schmiedet er sich einen Ring, der ihm die höchste Macht auf Erden verleiht. - Zur gleichen Zeit haben die Riesen Fafner und Fasolt, ein Brüderpaar, für Wotan und seine Götterschar eine prächtige Burg errichtet. Als Bezahlung war Freia, die Göttin der Schönheit und Jugend und Wotans Schwägerin, vereinbart worden, die sich jedoch heftig wehrt, an die Riesen verkauft zu werden. Loge, der Feuergott, weiß Rat: nur Gold und Macht können als Ersatz für Frauen und Liebe dienen. Mit einer List zwingen der Göttervater und Loge den Zwergenkönig, Schatz und Ring herauszurücken; letzteren verflucht Alberich in höchstem Zorne. Wotan ist von der Macht des Ringes berauscht, ihn will er auf keinen Fall hergeben. Aber erst, nachdem die Riesen Schatz und Ring erhalten haben, lassen sie Freia, die sie zwischenzeitlich als Pfand "einbehalten hatten", laufen. Der Fluch Alberichs zeigt seine erste Wirkung: Im Streit um das Gold tötet Fafner seinen Bruder Fasolt. - Nachdem ein heftiges Gewitter die Tagesschwüle vertrieben und die Luft geklärt hat, können die Götter auf einer Regenbogenbrücke, die sich über das Tal spannt, in ihr neues Heim einziehen.

2. Die Walküre

Wotans Sinnen und Trachten ist von diesem Tag an einzig und allein auf die Wiedererlangung des Ringes gerichtet, aber ihn einfach dem Riesen entwenden darf er nicht, da er als oberste Autorität an die Verträge, die er mit Menschen und Naturgewalten geschlossen hat, gebunden ist. Wenn er allerdings einen Sohn hätte .... - Wotan wird ein Sohn geboren: Siegmund. Zum stattlichen Mann herangewachsen, befindet er sich auf der Flucht vor Hunding, einem seiner Widersacher, in dessen Haus er sich unwissentlich in höchster Not rettet. Dort gewährt ihm Hundings Frau Sieglinde Speise und Trank sowie eine Unterkunft für die Nacht. Die beiden verlieben sich in einander und beschließen zu fliehen, werden aber bald von Hunding gestellt, der Siegmund zum Kampf fordert. Wotan, der seinem Sohn beistehen möchte, wird von Gattin Fricka, der Beschützerin von Haus und Herd, gezwungen, Siegmund für den Ehebruch sühnen zu lassen und ihm seine Hilfe in der bevorstehenden Auseinandersetzung zu versagen. Anders Brünnhilde, die Anführerin der Walkürenschar, die sich gegen das väterliche Verbot demonstrativ auf die Seite ihres Halbbruders stellt. Es gelingt jedoch Hunding, Siegmund im Kampfe zu töten und sein Schwert Notung zu zertrümmern. Brünnhilde kann Sieglinde gerade noch in Sicherheit bringen, dann verfällt sie für ihren Ungehorsam dem Zorn Wotans: in tiefen Schlaf versenkt, muss sie auf einem von Feuerflammen umloderten Felsen ausharren, bis "einer, der das Fürchten nicht kennt" sie aus ihrer Verbannung befreit.

Loge mit seinen Flammenbrüdern umlodert Brünnhildes Verbannungsstätte

3.Siegfried

Sieglinde, die nach ihrer Flucht einem Knaben das Leben geschenkt hat, ist bald darauf aus Kummer und Erschöpfung gestorben. Siegfried - niemand anderer ist der Knabe - wächst in der Schmiedewerkstatt des Zwergen Mime, eines Bruders Alberichs, heran und wird selbst ein meisterlicher Waffenschmied. Es gelingt ihm, das zertrümmerte Schwert seines Vaters erneut zusammenzuschweißen - nun bleibt ihm nur noch "das Fürchten zu lernen" übrig. Das soll ihm Fafner, der im Laufe der Jahre zum Drachen mutierte, beibringen. Mime verfolgt einen hinterhältigen Plan, um selbst in den Genuss von Schatz und Ring und somit der höchsten Macht zu kommen: er will sich nach erfolgreichem Kampf Siegfrieds durch einen vergifteten Trank entledigen. In der Tat kann Siegfried Fafner besiegen, wird aber von den Waldvögeln, deren Sprache er infolge Benetzung mit Drachenblut verstehen kann, über den heimtückischen Verrat Mimes aufgeklärt. Er entledigt sich des Zwerges mit einem Schwertstreich und nimmt - im Besitz von Schatz und Ring (von dessen Bedeutung er allerdings keine Ahnung hat) - Kurs auf den ebenfalls von den Vögeln angekündigten Feuerberg. Er befreit Brünnhilde aus ihrer Verbannung. Nachdem er ihr den Helm abgenommen hat, erblickt er zum ersten Mal in seinem Leben eine Frau! Nun kann er von sich sagen, das Fürchten doch noch gelernt zu haben.

Notizen zu Richard Wagners Leben und Werk

Richard Wagner wird am 22.Mai 1813 in Leipzig als Sohn des Polizeiaktuarius Carl Friedrich Wagner geboren, der allerdings ein halbes Jahr später stirbt. Seine Mutter heiratet den Schauspieler Ludwig Geyer und zieht mit der ganzen Familie nach Dresden. Eine Aufführung von Beethovens Fidelio bestimmt den jungen Mann zum Musikstudium an der Leipziger Universität. Nach ersten Engagements in Würzburg und bei der Bethmannschen Operntruppe geht er mit seiner ersten Frau, der Schauspielerin Minna Planer, nach Königsberg. Infolge Intendantenwechsels verliert Wagner seine Stelle und flieht 1839 vor seinen Gläubigern über die russische Grenze zunächst nach London und später nach Paris, wo er aber trotz guter Kontakte zu den führenden Persönlichkeiten des Opernlebens nicht Fuß fassen kann. In dieser Zeit ärgster wirtschaftlicher Bedrängnis entstehen seine ersten Meisterwerke Rienzi und Der fliegende Holländer, die 1842 und 1843 in Dresden uraufgeführt werden und ihm die Ernennung zum sächsischen Hofkapellmeister einbringen. 1845 lässt er seinen Tannhäuser folgen. Bereits ein Jahr zuvor hatte er auf Grund einer von ihm initiierten Spendenaktion den Sarg des Freischütz-Komponisten Carl Maria von Weber von London nach Dresden überführen lassen. Die Bekanntschaft mit dem Kreis der "Jungdeutschen" und dem russischen Revolutionär Bakunin führt zu seiner Teilnahme am Dresdner Maiaufstand (1849) und seiner steckbrieflichen Verfolgung, der er nur durch Flucht in die Schweiz entkommen kann. Lohengrin wird von seinem Freund und späteren Schwiegervater Franz Liszt in Weimar auf die Bühne gebracht (1850).

In Zürich wendet er sich wieder dem Großprojekt Der Ring des Nibelungen zu und schreibt das Libretto. Als konkrete Aufführungspläne zunächst nicht realisierbar erscheinen, bricht er die Komposition im 2.Akt des Siegfried ab. Die Liebe zur Unternehmersgattin Mathilde Wesendonck führt zur Entstehung der Wesendoncklieder (1857/58) und der Partitur von Tristan und Isolde, mit der er die endgültige Hinwendung zum Musikdrama vollzieht und die durch die extreme Behandlung der Harmonik den Beginn des atonalen Zeitalters einläutet. In dieser Zeit beginnen sich die frühen Werke Wagners auf den Opernbühnen durchzusetzen, die Pariser Erstaufführung des Tannhäuser gerät sogar zu einem handfesten Skandal (1861). 1862 erreicht seine Frau Minna die Aufhebung des Einreiseverbots nach Deutschland, das Paar trennt sich allerdings, da Wagner inzwischen eine Beziehung zu Liszts Tochter Cosima, der Frau seines Freundes, des Dirigenten Hans von Bülow, eingegangen ist, die erst nach Minnas Tod legalisiert wird (1870). Die Freundschaft mit dem bayerischen König Ludwig II. ermöglicht eine Aufführung des Tristan in München (1865), der in den folgenden Jahren Die Meistersinger von Nürnberg (1868), Das Rheingold (1869) und Die Walküre (1870) folgen.

Die von Ludwig II. bereit gestellten finanziellen Mitteln führen zur Errichtung des Festspielhauses auf dem Grünen Hügel in Bayreuth sowie der prächtigen Villa Wahnfried. Wagner vollendet die Komposition der Ring-Tetralogie; die beiden letzten Opern  Siegfried und Götterdämmerung kommen im Rahmen der ersten Gesamtaufführung des Rings des Nibelungen anlässlich der Eröffnung des Festspielhauses (13.-17.August 1876) auf die Bühne. Die letzte Oper Parsifal wird im Rahmen der 2.Bayreuther Festspiele uraufgeführt (1882). Den darauf folgenden Winter verbringt Wagner mit seiner Familie in Venedig, wo er am 13.Februar 1883 einem Herzleiden erliegt. Ludwig II. lässt Wagners Leichnam nach Bayreuth überführen und im Garten der Villa Wahnfried bestatten.